Max Angres, geb. 26.12.1876 in Beuthen/Oberschlesien, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Rosa Angres, geb. Schickler, geb. 8.8.1874 in Altona, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Borgfelder Straße 24
In der Reichenstraße 21 in Altona betrieben Emanuel und Johanna Schickler, geb. Ascher, ein Geschäft mit Seidenbändern. Die Reichenstraße vor dem Nobistor zwischen der Kleinen und der Großen Freiheit, damals auf Altonaer Gebiet (heutige Lage: der Beatles-Platz), erhielt ihren Namen nach den ehemals wohlhabenden niederländischen und portugiesisch-jüdischen Kaufleuten, die sich dort im 16. Jahrhundert niederließen. Am Ende des 18. Jahrhunderts erinnerte nur noch der Name an den Wohlstand ihrer ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner. Der Handel mit Seidenbändern ernährte aber offenbar dank der Nähe des Amüsierviertels in St. Pauli die siebenköpfige Familie Emanuel Schicklers. Zu ihr gehörten die zwischen 1872 und 1878 geborenen drei Söhne Alfred, Adolph und Siegmund und die Zwillingsschwestern Mathilde und Rosa.
Anfang des 20. Jahrhunderts lag der Familienwohnsitz in der Hoheweide 5 in Eimsbüttel, wo die beiden ledigen Brüder Siegmund und Adolph bis 1938 lebten. Alle Geschwister wurden Kaufleute bzw. Geschäftsfrauen und arbeiteten und wohnten in wechselnden Konstellationen zusammen.
Die Zwillinge Mathilde und Rosa Schickler, am 8. August 1874 geboren, machten sich mit einem Geschäft für Putz- und Modewaren unter dem Namen "R. & M. Schickler" selbstständig. Sie heirateten spät und blieben auch nach ihrer Heirat Inhaberinnen ihres Unternehmens. Anfang des 20. Jahrhunderts eröffneten sie ein Geschäft in der Hammerbrookstraße 6 und betrieben vorübergehend ein zweites im Eppendorfer Weg 45.
Rosa Schickler war 38 Jahre alt, als sie 1912 die Ehe mit dem zwei Jahre jüngeren Max Angres einging. Er stammte aus Beuthen in Oberschlesien, wo er am 26. Dezember 1876 als Sohn von Johanna Angres, geb. Aufrichtig, und ihrem Ehemann Salo zur Welt kam. Max Angres wurde Reisender. Bis 1931 wohnten die Eheleute in Harburg in der Lüneburger Straße 28, von wo Rosa Angres in ihr Geschäft in der Hammerbrookstraße pendelte. Max Angres erwarb 1928 einen Gewerbeschein als Händler für Wäsche und trat ins Geschäft seines Schwagers Alfred Schickler an der Ecke Hammerbrookstraße 2/Besenbinderhof ein.
Die Eheleute wechselten von der Harburger zur Hamburger Deutsch-Israelitischen Gemeinde. Ihre Ehe blieb kinderlos. Sie bildeten mit Mathilde Dyhrenfurth, der verwitweten Zwillingsschwester Rosas, eine Hausgemeinschaft in der Borgfelder Straße 24. Dort fand sich auch ihr lediger Bruder und Schwager Siegmund Schickler ein, als seine Geschäfte zurückgingen und er seine und seines bis dahin ledigen Bruders Adolph Wohnung in der Hoheweide 5 aufgab.
Der älteste Bruder, Alfred, lebte in einer "privilegierten Mischehe" in der Hammerbrookstraße 14 und betrieb das oben erwähnte Einzelhandelsgeschäft für Herrenwäsche in der Hammerbrookstraße. Als einziges der fünf Geschwister erlebte er das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft. Adolph Schickler, Kaufmann und Spediteur, heiratete erstmals mit 60 Jahren 1938 die Witwe Elsa Bandmann, geb. Berg, und zog zu ihr nach Eppendorf. Er starb bereits am 25. Februar 1941. Elsa Schickler wurde am 6. Dezember 1941 nach Riga deportiert.
Im Sommer 1941 verließen Siegmund Schickler und das Ehepaar Angres Borgfelde. Der "Jüdische Religionsverband" brachte sie im Rahmen der von der Gestapo betriebenen Gettoisierung der Juden zur Vorbereitung ihrer Deportation in einem "Judenhaus", dem ehemaligen Warburg-Stift in der Bundesstraße 43/Ecke Papendamm, unter. Max Angres leistete Pflichtarbeit als Erdarbeiter. Obwohl zwischen 64 und 66 Jahren alt, wurden die Drei dem Transport nach Minsk zugeteilt, für den eine theoretische Altersgrenze von 60 Jahren galt. Er verließ Hamburg am 18. November 1941. Über das weitere Schicksal von Rosa Angres, Max Angres und Siegmund Schickler ist nichts bekannt.
© Hildegard Thevs
Diese Biographie entstand im Rahmen des Projektes „Stolpersteine in Hamburg – biographische Spurensuche“ unter Leitung von Dr. Rita Bake (Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg) und Dr. Beate Meyer (Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg).