Ausbildung und frühe Berufserfahrung im Deutschen Kaiserreich (1890-1918)
Cora Berliner (*23.01.1890 in Hannover, Deutsches Kaiserreich) stammte aus einer bürgerlich-intellektuellen Familie. Sie besuchte eine „Höheren Töchterschule“ und engagierte sich schon mit ca. 15 Jahren als Schülerin bei der „Jüdischen Bahnhofshilfe“. Nach der Absolvierung der Reifeprüfung am Realgymnasium Hannover begann sie ein für Frauen damals höchst unübliches Wirtschafts- und Mathematikstudium in Freiburg, brach jenes jedoch, da sie sich mehr zu sozialwissenschaftlichem Engagement hingezogen fühlte, schon bald ab und studierte schlussendlich Nationalökonomie an verschiedenen Standorten (Hannover, Berlin und Heidelberg). Während ihrer Studienzeit sammelte sie Votrags- und Bildungserfahrungen bei den „Akademischen Unterrichtskursen für Arbeiter“. Weiteres wirkte sie maßgeblich in jüdischen Vereinen mit, deren Hauptaufgabe es war, jungen Menschen Unterstützung zu bieten und diese religiös und persönlichkeitsbildend zu erziehen. Dabei legte Cora Berliner ihren Fokus auf die Förderung jüdischer Mädchen. 1914 promovierte sie in Heidelberg und verfasste die Dissertation „Die Organisation der jüdischen Jugend in Deutschland. Ein Beitrag zur Systematik der Jugendpflege und Jugendbewegung“, mit welcher sie auf hohe Anerkennung stieß. Mit 26 erhielt Cora Berliner ihre erste Anstellung bei der Stadtverwaltung von Schöneberg (heute Teil von Berlin), wo sie sich während des Ersten Weltkriegs mit der Lebensmittelversorgung der vom Krieg betroffenen Bevölkerung beschäftigte.
Berufslaufbahn in der Weimarer Republik (1918-1933)
Nach dem Krieg war sie in der Deutschen Demokratischen Partei tätig und wurde von Hans Schäffer, einem hohen Funktionär im Ministerialrat des Reichswirtschaftsministeriums aktiv gefördert. 1924 wurde sie selbst Regierungsrätin im Reichswirtschaftsrat und ging später eine Liebesbeziehung mit ihrem Förderer ein, der jedoch verheiratet war und in den Dreißigerjahren mit seiner Familie nach Schweden emigrierte. Von 1927 bis 1930 war sie als Wirtschaftsberaterin der deutschen Botschaft in London tätig und wurde danach Wirtschaftswissenschaftsprofessorin in Berlin, bis sie nach Hitlers Machtübernahme 1933 ihre Berufserlaubnis verlor.
Zeit des Nationalsozialismus und Deportation (1933-1942)
1934 verfasste sie einen Wirtschaftsbericht über die Entrechtung der jüdischen Bevölkerung im Presse- und Journalistengewerbe, in dem sie berichtete, dass Juden für „nicht geeignet zur Vertreibung deutschen Kulturgutes“ gesehen würden. Im „Hilfsverein der Juden“ half Cora Berliner vor und auch noch während des Krieges Juden bei der Ausreise aus dem Dritten Reich. Bis zuletzt weigerte sie sich, trotz inständiger Bitten ihrer Verwandten und Freunde in Schweden und den Vereinigten Staaten, aus Deutschland auszureisen. Zwischen 22. und 26.06.1942 wurde sie schließlich zur Deportation (vermutlich) nach Minsk abgeholt. Ihr weiteres Verbleiben bleibt ungeklärt. Es wird angenommen, dass sie an den Massenvernichtungsort Malyj Trostenez bzw. dem Erschießungsgelände im Waldstück Blagowschtschina gebracht und dort ermordet wurde, wobei manche Quellen auch angeben, dass sie nach Theresienstadt deportiert wurde.
Erinnerung (ab 1942)
Im Berlin ist am Denkmal für die ermordeten Juden Europas im Stadtzentrum eine Straße nach ihr benannt. Außerdem wurde ein Stolperstein vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in Berlin-Wilmersdorf verlegt. Auch in ihrer Heimatstadt Hannover ist ein Weg nach ihr benannt.
Erstellt von Elias Wolf